Frankfurts beste Bands: Fundstücke aus dem Rock-Archiv

Jam Schwätzen – Die Pilotfolge widmet sich den Vorreitern der regionalen Gitarrenszene. Euch erwartet eine bunte und historisch wertvolle Playlist aus dem Plattenschrank Frankfurts – mit Songs, Gitarrensolos und Anekdoten.

Zum Auftakt meiner Radioshow beschäftige ich mich intensiv mit den Ursprüngen der Gitarrenszene Rhein-Main. Dabei habe ich nicht nur tolle Songs im Archiv gefunden. Auch so manche Anekdote zu den Bands und Künstlern erfahrt ihr in der Sendung. Im Folgenden findet ihr eine Zusammenfassung der Show mitsamt Playlist. Die Pilotfolge meiner Sendung „Jam Schwätzen“ könnt ihr in der Mediathek anhören.

Freezeebee – „Cosmic Baby“ (1994)

Ganz im Spirit der Live-Magie von Musiksessions, der meine Radiosendung „Jam Schwätzen“ gewidmet ist, starten wir mit einer phänomenalen Live-Band. 1992 gegründet, mauserten sich Freezeebee schnell zu den Lokalmatadoren des Frankfurter Alternative. Ihrem Debüt in der ausverkauften Batschkapp folgte nur wenige Jahre später ihr legendärer Auftritt beim Sound of Frankfurt Festival – vor 15.000 Zuschauern.

Bei einem ihrer Konzerte im Elfer Club kam ich um meine Abi-Zeit herum in den Erstkontakt mit dieser sagenhaften Band. Und durch sie mit der Musikszene der Stadt. Für mich sind die markigen Rocker seither Vorbilder in Sachen Bandkultur und Bühnenpräsenz geblieben. Frontman und Gitarrist Jan Biermann ist heute mit Peoples Temper aktiv.

Ihren besonderen Mix aus fetten Gitarren und satten Grooves bannte das Trio um Frontman und Gitarrist Jan Biermann, Bassist Ralf Herrberg und Schlagzeuger Fred Haunschild in diversen Produktionen. Besonders gut gefällt mir nach wie vor ihre erste Single „Cosmic Baby“, die 1994 auf dem Sampler der Musiker*innen Initiative KICK erschien. Meine 1. Wahl für den Auftaktsong meiner Radioshow.

Tokyo – „Tuesday Morning“ (1981)

Die Anfänge der Frankfurter Rockszene hat eine Band entscheidend mitgeprägt. Tokyo war eine der ersten richtig großen Pop-Rock-Formationen der Region. 1981 formierte sich diese Supergroup aus Studiomusikern und schafften mit ihrem gleichnamigen Debutalbum „Tokyo“ den Sprung nach ganz oben. Ihre erste Single „Tokyo“ wurde zum internationalen Hit, die Band zum Shootingstar am Pop-Rock-Firmament.

Trotz ihres Erfolgs kam wenige Jahre später die Auflösung. Lead-Gitarrist Robby Musenbichler machte sich als versierter Studiogitarrist einen Namen. Neben Boney M und Sally Oldfield heuerte Musenbichler bei etliche Pop-Größen an. Auch mit Falco stand er auf der Bühne. Sein melodisches Gespür beweist er besonders eindrücklich bei „Tuesday Morning“, dem 3. Track vom Tokyo-Debütalbum. Sehr schöne Nummer. Toller Gesang und Outro-Solo von Musenbichler himself.

Aktuell Infos zu Tokyo findet ihr auf ihrer Website.

Rödelheim Hartreim Projekt – „Keine Ist“ (Live 1995)

Auch ein toller Studiogitarrist mit ebenso schillerndem Werdegang: Marcus Deml. In den 1970ern von Prag über Wien, Salzburg und Ludwigshafen nach Frankfurt gekommen. Dann als Ziehsohn von Gitarrenlegende Peter Coura in die internationalen Ränge der Gitarrenkunst aufgestiegen. Der Rest ist ein Stück deutsche Gitarrengeschichte. Heute zeugen nicht nur etliche Chartproduktionen u.a. bei Snap! von Demls Spielkunst. 1995 stellte er als kurzfristiger Tour-Sub bei Saga auch live seine Vielseitigkeit unter Beweis.

Auf den Punkt abliefern zu können, und live mit viel Gefühl und gewitzter Melodik zu überzeugen, das macht Deml auch im Song „Keine ist“. Den Track vom 1995er Live-Album der Frankfurter Hip Hop Truppe Rödelheim Hartreim Projekt spiele ich in meiner Show.

Ebenfalls sehr zu empfehlen: Marcus Demls erstes Solo-Album „Healing Hands“ (2021). Unbedingt reinhören. Marcus Deml in Bestform gibt’s hier zu hören.

Memphis – “Refugee” (1981)

Das Highlight der Sendung: mein ultimatives Lieblings-Gitarrensolo. Gespielt von einer regionalen Gitarrenlegende. Die Rede ist von Tom Knauer, Virtuose an der Gitarre und Eigengewächs der lokalen Gitarrenszene. Der Song, den Knauer mit dem in meinen Ohren besten Gitarrensolo aller Zeiten gekrönt hat, stammt aus der Diskografie von Memphis.

Die Southern Rock Band aus Frankfurt holte Tom Knauer als Lead-Gitarristen Anfang 1980 ins Boot. Das neue gleichnamige Studioalbum „Memphis“, das knapp ein Jahr später erscheinen sollte, war bereits im Kasten. Doch Knauer brachte derart frischen Wind ins Spielgefüge der Band, dass sie beschlossen, ihn nachträglich in die Platte einzuschleusen. Kurze Zeit später stand Knauer in der Abhöre der Munich Sound Studios. Den Song „Refugee“ kannte er zwar noch überhaupt nicht wirklich. Doch nach einem Take zum Eingrooven und Sortieren seiner Licks war Knauer ready.

Der nächste Take ist Frankfurter Rockgeschichte. Was sein Gitarrensolo auszeichnet: die Dynamik und Struktur. Trotz beträchtlicher Distanz hält es die Spannung. Es schraubt sich von Plateau zu Plateau immer höher, bis es schließlich beim Höhepunkt – dem Ostinato ankommt. Für mich lehrbuchhaft, wie ein Gitarrensolo, dass als Instrumentalteil einen eigenen Platz im Song hat, aufgebaut sein muss. Denn: ein gutes Gitarrensolo ist immer aufgebaut wie ein eigener Song: mit Intro, Steigerungsteil und einem eigenen Refrain – dem Höhepunkt.

Seither hat sich Tom Knauer mit seinen experimentellen Interpretationen von Jimi Hendix Oeuvre einen Namen unter Kennern gemacht. Hier und da ist seine Spielkunst heute noch bei Sessions und in kleinen Bues Clubs zu bewundern, in denen er Gastspiele hält.

Rodgau Monotones – „Schritt für Schritt“ (1985)

An diesen Galionsfiguren der hessischen Rockmusik wird niemand vorbeikommen, der eine Sendung über Gitarrenmusik machen möchte. Die Rodgau Monotones gehören zum Besten, was die Rhein-Main Rockmusik zu bieten hat. Mit ihrer hessischen Mundart-Mucke spielen sie in einer Liga mit Flatsch und den Quietschboys.

Ihren Erfolg machen seit ihrer Gründung 1977 nicht nur ihre gewitzten Texte aus. Oder ihr zwischenzeitlich berühmtestes Bandmitglied, Henni Nachtsheim, die bessere Hälfte von Gerd Knebel bei Badesalz. Was häufig übersehen bzw. überhört wird: Die Rodgau Monotones sind eine richtig richtig gute Gitarrenband. Und das hat vor allem mit der Geschichte der Band zu tun. Denn ihre Karriere begannen die Hessenrocker mit Cover-Versionen von Pop- und Rock-Songs, die sie mit deutschen Texten neu interpretierten.

Musikalisch hört man bis heute deutlich, wo die Wurzeln der Band liegen. Mit ihrem Gitarren-Duo Ali Neander und Raimund Salg besitzt die Band seit jeher ebenso viel südliches Lokalkolorit und laid-back Coolness wie ihre Vorbilder von ZZ Top. Genau diese musikalischen Anleihen hört man ganz deutlich im Song, den ich euch mitgebracht habe. „Schritt für Schritt“ ist auf der Platte „Wir sehn uns vor Gericht“ (1985) zu finden. Meine Empfehlung!

Weitere Infos gibt es hier!

Hole Full of Love – “Throw You Out” (2005)

Wir bleiben in einem moderat verzerrten aber extrem coolen Bereich der Gitarrenmusik. Im Genre des Hard Rock ist die Band Hole Full of Love seit 1994 unterwegs. Das Aushängeschild der Tribute Band: der ACDC-Sound der 70er, mit Frontman Bon Scott. Damit füllt die Oberurseler Formation nicht mehr nur kleine Clubs, sondern große Hallen. So auch als Support von Foreigner und Dave Evans, dem ACDC Mitgründer, mit denen sie bereits auf Tour waren.

Was mich an Hole Full of Love so begeistert: Sie imitieren ACDC nicht nur. Ihre ganz eigene Interpretation der internationalen Hard Rock Titanen lässt sich auf dem Album „Holefull“ begutachten (2005). Tolle eigene Songs im Stile von ACDC – wie geil ist das denn? Und: Mit sahnemäßigen Gitarreneinlangen von Lead-Gitarrist und Angus-Double Karsten Kutscher.

Und zu allem Überfluss wurde die Platte von Herman Frank (Accept) und Martin Kent (Skunk Anansie) im Institut für Wohlklangforschung in Hannover produziert. Mein Favorit: „Throw you out“. Extrem empfehlenswert!

Weitere Infos zu Hole Full of Love findet ihr hier.

Mein persönliches Frankfurt-Medley (2005-2010)

Die besten Bands und Songs aus meiner eigenen aktiven Zeit aus Frankfurts Szene zwischen 2005 und 2010 hört ihr in einem Medley. Mit dabei: Nungo (werden was ich bin), morningboy (Just 19), Ego (Star), Cellard’or (Wie ein junger Beatle), Wagner Love (Doin It), Simonout (Kissing the Rage), Großes Kino (Anrufbeantworter), Honestly Yours (Drifting in the Wind) und At the Farewell Party (Mechanism of bad taste). Für mich: Nostalgie pur. Grüße gehen raus an die Mitmusiker, Rivalen, und Buddies von damals!

Dana Maria – “Sundowner” (2021)

Der letzte Musikslot der Pilotfolge von „Jam Schwätzen“ gebührt einer Nachwuchskünstlerin aus Neu-Isenburg. Auf DanaMaria bin ich nur sehr zufällig gestoßen. Der Lead-Gitarrist dieser Country-Sängerin hat mir ein Effektgerät verkauft. So bin ich mit ihrer Musik in Kontakt gekommen.

Die Tochter von Country-Fans wuchs mit Emmylou Harris, Sheryl Crow und anderen Musikgrößen aus Amerika auf. Mit familiären Verbindungen nach Austin, einer der Country-Hochburgen, war der Weg zur eigenen Musikkarriere gefühlt vorgezeichnet. Seit 5 Jahren an der Gitarre geschult, gewann DanaMaria 2008 ihren ersten Talentwettbewerb. Seit diesem 1. großen Auftritt mit ihren eigenen Songs hat die Neu-Isenburgerin stetig einen draufgesetzt.

Heute reiht sich die Musikerin in eine große Gruppe junger Country-Musiker ein, die dem traditionsreichen Genre zu seinem aktuellen Revival verhelfen. Ihr Debütalbum „Desert Diamond“ erschien 2020. Mit ihrer Single „Girl with the Guitar“ gewann DanaMaria den Deutschen Rock&Pop Preis in der Kategorie „bester Country Song 2021“. Zum Ausklang meiner Show spiele ich ihre Single „Sundowner“ (2021). Eine stimmungsvolle Hymne auf den Feierabend mit Freunden.

Mehr über DanaMaria und ihre einzigartige Version von Country erfahrt ihr im Interview in Folge 3 meiner Radioshow. Jetzt reinhören!

Weitere Infos zu DanaMaria findet ihr unter diesem Link.

Veröffentlicht von Johannes Kohrs

Gitarrist, Moderator und Herausgeber von Jam Schwätzen.

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